Vier Brüder für 6Tus und Co.

Seit Herbst 2022 führen die vier Brüder Kaspar jun., Matthias, Florian und Adrian Wetli gemeinsam das gleichnamige Weingut in Berneck. Im Interview erzählt das Quartett, wie diese besondere Führungskonstellation des grössten St. Galler Weinguts angelaufen ist.

Am 5. September 2022 habt ihr vier Brüder offiziell das Zepter von euren Eltern Susanne und Kaspar sen. Wetli übernommen. Gleichzeitig wurde das «Weingut Schmid Wetli» umbenannt in «Wetli Weine». Wie lief das erste Jahr als brüderliches Führungsquartett?

Unser erstes Jahr war erwartungsgemäss intensiv. Bereits vor der Übernahme hatte jeder von uns seine Aufgaben- und Verantwortungsbereiche. Neu hinzugekommen sind für uns zusätzliche Führungsaufgaben vor allem im strategischen Bereich. Dazu gehörten beispielsweise die Namensänderung und das damit verbundene Re-Branding. Unser Arbeitsalltag ist somit noch vielfältiger geworden. Wir haben uns aber als Geschäftsleitungsteam gut und schnell eingespielt. Schliesslich kennen wir als Brüder die Stärken und Schwächen voneinander bestens. Zudem können wir nach wie vor auf den Rat und die Erfahrung unserer Eltern zählen.

Ihr habt die verschiedenen Geschäftsfelder aufgeteilt. Fand dabei jeder Bruder nach seinen individuellen Präferenzen ein Tätigkeitsfeld oder mussten Kompromisse eingegangen werden?

Von der Traube am Rebstock bis zum feinen Tropfen im Weinglas ist es ein weiter Weg. Nur wenn Rebbau, Keller, Vertrieb und Administration Hand in Hand gehen, kann Grosses entstehen. Aufgrund unserer Ausbildungen und unserem Verständnis für die jeweils anderen Bereiche verfallen wir nicht in Gärtchen-Denken. Als typisches KMU muss man sich im Alltag austauschen und dort anpacken, wo gerade Unterstützung erforderlich ist. So wirkt schon mal unser Önologe als Gastgeber beim Apéro oder man trifft den Vertriebsleiter in der Hochsaison im September im Keller an.

Wie fällt ihr wegweisende Geschäftsentscheidungen? Steht dem ältesten Bruder jeweils der Stichentscheid zu?

Die wegweisenden Geschäftsentscheidungen treffen wir immer zusammen, wobei jede Stimme gleich viel zählt. Selbstverständlich gibt es dabei ab und zu Meinungsverschiedenheiten. Wir pflegen einen sehr direkten und offenen Austausch und haben genug Vertrauen zueinander, um nach eingehenden Diskussionen einen Kompromiss einzugehen.

Führt ihr das Weingut im Stil eurer Eltern weiter oder habt ihr bereits grundlegende Änderungen initiiert?

Unsere Eltern haben einen Vorzeigebetrieb erschaffen und viele Traditionen und Grundsätze, die uns auszeichnen, behalten wir bei. Dennoch entwickeln wir uns schrittweise weiter. So haben wir beispielsweise mit der neuen Linie INVINITUS unsere Kreativität und Können unter Beweis gestellt, was auch unsere Eltern sehr stolz macht.

Euer Betrieb umfasst rund 18 Hektaren zwischen Berneck und Thal. Durch Zukauf und Lohnarbeit verarbeitet ihr glatt das Doppelte. Damit seid ihr klar der grösste Betrieb im Kanton St. Gallen. Habt ihr die Kapazitätsgrenzen erreicht oder ginge es auch noch grösser?

Uns ständig zu vergrössern, ist überhaupt nicht das oberste Ziel. Wenn ein Angebot an uns herangetragen wird, prüfen wir jeweils situativ, ob es zu Wetli Weine und unseren Plänen passt.

Die Palette an Traubensorten ist bei Wetli Weine ausgesprochen breit und in mehrere Produktelinien gegliedert, etwa die Premium-Linie «6TUS». Insgesamt produziert ihr über 35 verschiedene Weine. Wie behaltet ihr da den Überblick?

Wir schneidern unsere Weine und Produktlinien auf die Bedürfnisse unserer Zielgruppen zu. Neben der Premium-Linie 6TUS kreieren wir Spezialitäten wie Diolinoir oder Blaufränkisch sowie pilzresistente Sorten. Hauptsorte ist und bleibt aber der Pinot Noir, der etwa die Hälfte aller Weine ausmacht. Vom gehobenen Offenausschank bei unseren Gastrokunden bis zum Malbec fürs gediegene Candlelight-Dinner ist in unserem Sortiment alles zu finden. Wir stellen die Wünsche und Weinvorlieben unserer Kunden in den Vordergrund und behalten so den Überblick.

In diesem Jahr habt ihr mit «INVINITUS» am Concours Mondial Bruxelles drei Goldmedaillen gewonnen. Welche Strahlkraft haben solche internationalen Auszeichnungen für euer Weingut?

Diese internationale Anerkennung für unsere Weine ist eine wunderschöne Bestätigung für uns. Wir sind eine kleine Weinbauregion mit grossen Weinen. Mit solchen Teilnahmen und Erfolgen leisten wir unseren Beitrag als Botschafter für den Weinbau im Rheintal und in der ganzen Ostschweiz mit seiner tausendjährigen Tradition.

Ist die Nachfrage nach INVINITUS mit diesen drei Medaillen merklich gestiegen?

Unsere INVINITUS-Weine kommen bei unserer Kundschaft sehr gut an. Mit der neuen Etikette und der angepassten Stilistik der Weine konnten wir uns perfekt im Markt positionieren. Dieser Effekt wurde verstärkt, indem wir diese Linie um fünf neue Weine erweitert haben.